Organist aus Leidenschaft

Organist Werner Pfohl

Ganz still und heimlich hat sich ein Mann von seinem Dienst verabschiedet, der 55 Jahre in unserer Gemeinde ehrenamtlich tätig gewesen ist. Es ist Herr Werner Pfohl. Durch die Heirat mit seiner Frau Luise kam Herr Pfohl nach Seebach. Durch den Zustrom der Vertriebenen in Folge des II. Weltkrieges wurden u.a. in Seebach, Schönstedt, Bollstedt, Höngeda und Großengottern Kapellen installiert, damit die katholischen Gläubigen Gottesdienst feiern konnten. Für die Vertriebenen waren die Gottesdienste und die errichteten Kapellen Heimat. Die Liturgie wurde in Vertreibungsgebieten genauso gefeiert wir hier in Thüringen. Herr Pfohl und seine Frau hatten ebenso diesen Hintergrund. Mit seiner Familie ist Herr Pfohl in Gotha angekommen. Als der Organist in der Gothaer Christkönigskirche seinen Orgeldienst aufgab, saß Herr Pfohl bis zu seinem Wegzug fortan auf der Orgelbank. Noch nicht richtig in Seebach angekommen, hatte sich herumgesprochen, dass der Neue Orgel spielen kann. So saß Herr Pfohl sonntäglich und zu allen Gelegenheiten in den Dörfern an der Orgel. In den katholischen Kapellen gab es keine Orgeln, sondern nur Harmonien. Teilweise fanden die Gottesdienste auch in evangelischen Gemeindehäusern oder Kirchen statt. Mit den Jahren haben sich die Gottesdienstorte reduziert. Vor zwei Jahren waren es noch Großengottern und Höngeda. Anlässlich seines vierzigjährigen Orgeldienstes in Mühlhausen Land wurde Herrn Werner Pfohl von Bischof Joachim Wanke 2005 die Elisabethmedaille verliehen. Es ist die höchste bischöfliche Anerkennung für ehrenamtliche Tätigkeit.

„Ganz still und heimlich hat sich ein Mann verabschiedet“, bezieht sich auf die Situation, die durch die Pandemie entstanden ist. So hat die Pandemie den Schlusspunkt gesetzt. Die Gottesdienste wurden coronabedingt im März 2020 eingestellt. Die hat Herr Pfohl für sich auch als Schlusspunkt gesehen. Mit 83 Jahren wird manches im Leben auch beschwerlicher. In evangelischen Kirchen sind die Orgel oft sehr hoch. Sie stehen auf der zweiten Empore und bis dahin, gibt es viele Stufen. Eine kleine Anekdote zum Schluss: Die Orgel in der Kirche von Höngeda ist schon recht alt und hatte einen Lungenschaden, der Blasebalg war nicht mehr so intakt und der Luftstrom vom Gebläse kam auch nicht mehr richtig an. Wenn Herr Pfohl zu Beginn des Gottesdienstes und nach der Predigt den Orgelmotor einschaltete, entfaltete sich der Balg nicht. Da brauchte er seinen Sohn, der auf der noch vorhandenen Tretvorrichtung dem Blasebalg zur Luft verhalf. Wenn der Balg halb gefüllt war, schaffte der Motor den Rest und die Orgel konnte erklingen.

Lieber Herr Pfohl, herzlichen Dank für die 55 Jahre Orgeldienst in unserer Gemeinde!

Auf den Außenstationen haben Sie den Gläubigen mit Ihrem Kommen und spielen immer eine große Freude bereitet und zur Feierlichkeit der Gottesdienste beigetragen. Oft können wir es gar nicht genug schätzen, was es heißt, Sonntag für Sonntag da zu sein, Orgel zu spielen und das über so lange Jahre. Das ist Treue. Es ging aber auch nur, weil Sie Freude an der Musik gehabt haben und Ihre Familie Rücksicht genommen hat. Das sonntägliche Mittagessen hat sich nach den Gottesdiensten gerichtet und nicht nach der Uhr. So auch Ihnen, Frau Pfohl, danke. Danke für Ihren Dienst und Gottes Segen.

Ihr Pfarrer Andreas Anhalt

Weitere Informationen aus der Kirchengemeinde