Bildstock an der Kirche St. Josef

Weihe Bildstock

Einige Gemeindemitglieder werden sich fragen, was ist das für ein neuer Bildstock an der Kirche? Am 4. März 2024 wurde das Bild an der Nordseite der Kirche aufgehangen. Folgende Geschichte hat es damit auf sich. Der Norddeutsche Holzbildhauer Walter Green, der auch schon mehrfach in St. Josef seine Kunstwerke ausgestellt hat, hatte die Anfrage seines Freundes Hermann Zahren an den Pfarrer weitergeleitet, ob er Interesse an dieser Bildtafel habe. Herr Zahren wollte die Bildtafel in guten Händen wissen. Die Bildtafel  war einst eine Grabplatte der Familie Kluxen in Werl/ Westfalen. Die Familie Carl Kluxen hatte über mehrere Generationen eine Brauerei in Werl. Die auch noch bestehende Grabtafel mit den Namen der Familienangehörigen existiert noch. Der erste Verstorbene in dem neu geschaffenen Grab war Carl Kluxen, der 1903 verstorben ist. So ist davon auszugehen, dass das Schnitzwerk 1903 angefertigt worden ist.

Die künstlerisch und handwerklich sehr gute Schnitzarbeit ist der Schnitzerschule in Wiedenbrück zuzuordnen. Um 1900 war das Kunsthandwerk zum wichtigsten Wirtschaftszweig der Stadt Wiedenbrück geworden. In den über 20 Werkstätten und Ateliers stellten die Künstler hauptsächlich historistische Kirchenausstattungen her, die in alle Teile der Welt geliefert wurden. Ein Signum ist an der Bildtafel nicht vorhanden, so dass die Schule des Schnitzhandwerkes nicht nachvollziehbar ist.

Auch passt sich die Bildtafel sehr gut in das Gesamtensemble der Josefkirche ein. 1903 begann der Bau der Kirche. So haben Kirche und Bildtafel das gleiche Alter. Bis auf den hl. Antonius sind alle Holzbildnisse in der Josefskirche aus der Wiedenbrücker Schule. Auch der Maler des Kreuzweges, Eduard Goldkuhle (1878 – 1953), gehörte der Schule an. Der Kreuzweg wurde 1907 gemalt. Die Maler in Wiedenbrück sorgten für die farblichen Fassungen der Bildwerke, oder hatten sich auf Altarbilder, Kreuzwege und andere malerischen Ausführungen konzentriert. Die Pieta im Vorraum der Kirche ist von Heinrich Pütz (1882 – 1962), die er 1922 geschaffen hat.

Herr Hermann Zahren, der in die Familie gehört, hat dem Pfarrer, Andreas Anhalt, die Bildtafel geschenkt mit der Auflage, sie öffentlich wieder aufzustellen. Das ist nun geschehen. Am 17. März 2024 wurde sie nach dem Gottesdienst eingeweiht.

Bildstock Kirche Mhl

Bildbeschreibung: Auf dem achteckigen Bild ist Jesus ganz zentral dargestellt, wie er unter der Last des Kreuzes zusammenbricht. Links am Bildrand ist eine Frau dargestellt, die Jesus ein Tuch entgegenhält. Diese Szene bildet zwei Stationen in den traditionellen Kreuzwegstationen: Jesus fällt unter dem Kreuz und Veronika reicht Jesus das Schweißtuch. Im Weiteren ist auf der rechten Seite ein prügelnder Soldat, der als solcher auf mehreren Kreuzwegstationen dargestellt wird. Ihm wurde quasi der Hass der rohen Gewalt ins Gesicht geschnitzt. Am ganz rechten Bildrand ist eine Person versteckt, die sehr in sich gekehrt ist. Es könnte Josef von Arimathäa sein. Beim Evangelisten Matthäus steht über ihn: „Gegen Abend kam ein reicher Mann aus Arimathäa namens Josef; auch er war ein Jünger Jesu. Er ging zu Pilatus und bat um den Leichnam Jesu. Da befahl Pilatus, ihm den Leichnam zu überlassen. Josef nahm den Leichnam und hüllte ihn in ein reines Leinentuch. Dann legte er ihn in ein neues Grab, das er für sich selbst in einen Felsen hatte hauen lassen. Er wälzte einen großen Stein vor den Eingang des Grabes und ging weg. Auch Maria aus Magdala und die andere Maria waren dort; sie saßen dem Grab gegenüber.“ (Mt 27, 57-61) Damit hat Josef von Arimathäa dem geschundenen Jesus die Würde wieder zurückgegeben. Direkt hinter dem Kreuz steht ein Mann mit Helm und Lanze. Er könnte auf dem Hauptmann verweisen, der den Leidenszug und die Kreuzigung beaufsichtigt hat. Lukas berichtet: „Es war schon um die sechste Stunde, als eine Finsternis über das ganze Land hereinbrach - bis zur neunten Stunde. Die Sonne verdunkelte sich. Der Vorhang im Tempel riss mitten entzwei. Und Jesus rief mit lauter Stimme: Vater, in deine Hände lege ich meinen Geist. Mit diesen Worten hauchte er den Geist aus. Als der Hauptmann sah, was geschehen war, pries er Gott und sagte: Wirklich, dieser Mensch war ein Gerechter.“ (Lk 19,44-47) Jetzt bleibt nur noch eine Person im oberen linken Bild übrig. Es ist ein Mann, der eine Leiter trägt. Der Schnitzer hat die Leiter zwischen Kreuz und Bildrand eingeklemmt, dass sie „unbeweglich“ geworden ist. Auch der Mensch, der sie trägt, hat den Kopf durch die Sprossen gesteckt. Kommt er aus den Sprossen wieder heraus? Er sieht aus wie ein Gefangener, gefangen in den Leitersprossen, gefangen im Hass gegen Jesus.

So darf das Bild den Betrachter bei den verschiedenen dargestellten Charakteren einladen, sich zu fragen: Welche dieser Personen bin ich?

Pfarrer Andreas Anhalt

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